Wie schon das Jahr 2023 startete auch das aktuelle Jahr aus Börsensicht erfreulich und die internationalen Aktienmärkte können im ersten Quartal attraktive Kursgewinne verbuchen. Haupttreiber ist die seit letztem Herbst immer stärker aufkommende Hoffnung auf sinkende Leitzinsen. Die SNB hat am 21.03.2024 den Anfang gemacht und die Investoren gehen davon aus, dass die US Notenbank FED und die EZB im Jahresverlauf dem Schweizer Beispiel folgen werden. Angeführt wird die Hausse weiterhin durch die Technologieaktien in den USA, aber auch in Europa gibt es Firmen mit starken Kursentwicklungen wie zum Beispiel Novo Nordisk. Der dänische Pharmakonzern profitiert dabei vom Erfolg des Medikaments zur Gewichtsreduktion bei Adipositas. Der langfristige Erfolg ist jedoch nicht für alle Medikamentenentwickler garantiert, wie wir im vorliegenden Anlagebrief ausführen werden. Die Renditen der Schweizer Aktienindices sind nicht ganz so hoch ausgefallen wie in anderen Märkten, da vor allem die Schwergewichte eine unterdurchschnittliche Performance ausweisen. Für den weiteren Jahresverlauf bleibt die Scobag zuversichtlich. Allerdings spiegelt die aktuelle Kurserholung bereits die Erwartung von sinkenden Zinsen wieder, was zu steigenden Bewertungen geführt hat. Die Unterstützung durch ansteigende Unternehmensgewinne bleibt vorerst, auf breiter Front, aus. Viele Unternehmen verweisen auf eine Verbesserung der Lage im 2. Semester. Es wäre daher nicht überraschend, wenn die Aktienmärkte in den nächsten Wochen in eine Konsolidierungsphase wechseln würden, um die starke Performance der letzten Wochen und Monate zu verdauen. Da in einer solchen Phase oft auch Rotationsbewegungen innerhalb der Märkte erfolgen, bleibt ein gut diversifiziertes Portfolio empfehlenswert.
Jahresperformance per 30.03.2024
Rainer Pauletto
Vizedirektor
Rückblick: Starker Jahresstart dank der Hoffnung auf Zinssenkungen
Seit letztem Herbst kennen die globalen Aktienmärkte (mit wenigen Ausnahmen, z.B. China) nur noch eine Richtung: nach oben. Ausgelöst und angetrieben wird die Hausse durch deutlich sinkende Inflationsraten und die aufkeimende Hoffnung, dass die Notenbanken in Europa und in den USA die Zinsen im 2024 senken werden. Dazu bleiben die Daten zur Konjunkturlage aus den USA robust. Das sogenannte «Soft Landing» Szenario, also die Dämpfung der Inflation ohne Rezession, erscheint immer wahrscheinlicher. Aktuell wird für die US Wirtschaft im 2024 mit einem BIP Wachstum von 2.1% gerechnet. Vor drei Monaten lag die Schätzung noch bei 1.2%. Weniger erfreulich entwickeln sich Europa und China, aber auch hier hat sich die Abschwächung
verlangsamt und die Erwartung nimmt zu, dass Zinssenkungen und staatliche Massnahmen (die in China immer stärker gefordert werden) das Wachstum fördern könnten. Die bessere Konjunkturlage im US Markt wird auch in den Unternehmensresultaten 2023 deutlich. Die US Firmen konnten in den letzten Monaten tendenziell bessere Ergebnisse ausweisen als die europäische Konkurrenz und Firmen mit einem hohen Anteil Chinageschäft klagen über ein weiterhin schwaches Umfeld (z.B. im Industrie- oder Luxusgütersegment). Angeführt wird die Börsenhausse weiterhin durch den US-Aktienmarkt und innerhalb dieses Marktes durch Technologiefirmen. Aber auch Firmen aus dem Luxusgüter-, Industrie- oder Versicherungsbereich verbuchten in den letzten Monaten beeindruckende Kursgewinne. Die Flut hebt aber nicht alle Boote gleich stark. Die Börse belohnt überzeugende Geschäftsmodelle, positive Produktentwicklungen und hohe Margen und bestraft schlecht positionierte Firmen auch im aktuellen Umfeld mit zum Teil deutlichen Kursverlusten. Die Performancedifferenzen innerhalb der Sektoren sind entsprechend deutlich. Novo Nordisk konnte dank der populären GLP1 Produkte in den letzten 6 Monaten einen Kursgewinn von rund 35% erzielen, während Bayer weiterhin von vielen Problemen belastet wird und 46% verloren hat. Unterdurchschnittlich hat sich auch der Schweizer Aktienmarkt entwickelt. Die Indices werden durch die relativ schwache Performance der Schwergewichte gebremst, welche ein hohes individuelles Gewicht innerhalb der Indices aufweisen. Durch die leicht sinkende Inflation und das stabilisierte Zinsumfeld konnten auch die Anleihen und Immobilien in den letzten Monaten eine verbesserte Kursentwicklung verbuchen. Sehr unterschiedlich ist die Entwicklung bei den Rohstoffen. Der Goldpreis entwickelt sich bei den Metallen deutlich besser als Silber, Palladium oder Platin.
Samuel Stursberg
Senior Analyst
Die Herausforderung der erfolgreichen Medikamentenentwicklung
Dass sich die Entwicklung neuer Medikamente nicht nur für Patienten, sondern auch für die involvierten Firmen lohnen kann, muss man in der Pharma-Stadt Basel kaum betonen. Der Erfolg ist jedoch nicht für alle Medikamentenentwickler garantiert. Auch erfolgreiche Unternehmen hatten auf ihrem Weg an die Spitze der Pharmabranche mit Herausforderungen zu kämpfen. Die Crux liegt darin, dass sich medizinischer Fortschritt nicht eins zu eins auf dem Reissbrett planen lässt. Gescheiterte wissenschaftliche Ansätze, Rückschläge bei klinischen Versuchen oder erfolglose Vermarktungskampagnen sind an der Tagesordnung. Die derzeit grösste kommerzielle Erfolgsgeschichte dreht sich um zwei Medikamente zur Gewichtsreduktion bei Adipositas: Wegovy (Novo Nordisk) und Zepbound (Eli Lilly). Diese Medikamente sind nicht nur in den Medien
und den sozialen Netzwerken in aller Munde, sondern dürften auch neue Verkaufsrekorde aufstellen, da Fettleibigkeit weltweit ein grosses Thema ist (Grafik 2). Der Weg, wie es dazu kam, reflektiert die nichtlineare Natur der Medikamentenentwicklung. Die Suche nach Medikamenten zur Gewichtsreduktion reicht Tausende von Jahren zurück. Bereits bei den alten Griechen wurde die Einnahme von Abführmittel zu medizinischen Zwecken eingesetzt. Die moderne Medikamentenentwicklung beschäftigt sich seit den 1930er Jahren mit diesem Thema. Fehlende Effizienz, oft aber auch gravierende Nebeneffekte, verhinderten lange einen Durchbruch. Exemplarisch: die „FenPhen“-Kombination, die als Wundermittel gepriesen wurde, bis 1997 als Nebeneffekt Herzklappenschäden festgestellt wurden, die zu Milliardenklagen gegen den Hersteller Wyeth führten. Besser erging es Roche mit Xenical, das im Jahr 2000 einen Spitzenumsatz von fast einer Milliarde CHF erreichte. Magen-Darm Nebenwirkungen verhinderten jedoch auch bei diesem Produkt einen noch grösseren kommerziellen Erfolg.
Es dauerte fast ein weiteres Jahrzehnt und zahlreiche gescheiterte Entwicklungsprogramme, bis Eli Lilly und sein Partner Amylin nachweisen konnten, dass das bereits lancierte Diabetes Medikament Byetta zu einer deutlichen Gewichtsabnahme führte. Die Gewichtsreduktion war jedoch nicht signifikant genug, um eine Kommerzialisierung bei Fettleibigkeit zu rechtfertigen. Dies gelang später Novo Nordisk mit Saxenda, einem Konkurrenzprodukt derselben Wirkstoffklasse („GLP-1-Rezeptor-Agonisten“). Es waren jedoch erst die Nachfolgepräparate Wegovy und Zepbound, die seit kurzem zum ganz grossen kommerziellen Wurf ansetzen, da sie im Vergleich zu den täglichen Dosen von Saxenda nur eine wöchentliche Verabreichung erfordern und eine grössere Gewichtsabnahme bewirken. Der Weg zu brauchbaren Ansätzen zur Behandlung von Fettleibigkeit war also steinig und zeigt: Der Erfolg in der Medikamentenentwicklung ist nur teilweise vorhersehbar, und unvorhergesehene Durchbrüche können enorme Auswirkungen auf die Branche haben. Ein weiterer potenziell hochlukrativer Massenmarkt, welcher immer wieder den Weg in die Presse findet, ist Alzheimer. Auch hier kam es vor kurzer Zeit zu einem Durchbruch: Die US-Biotech Firma Biogen und deren japanischer Partner Eisai konnten mit Leqembi erstmals ein Medikament auf den Markt bringen, welches in klinischen Studien statistisch signifikante Effizienz gezeigt hat. Der Weg dorthin war jedoch mindestens so beschwerlich wie auf dem Gebiet der Fettleibigkeit: Hunderte von gescheiterten Alzheimer Medikamentenprogramme führten zu Börseneinbrüchen bei grossen Unternehmen und zum Niedergang kleinerer Firmen. Was nun im Vergleich mit dem Gebiet der Gewichtsreduktion dazukommt: der kommerzielle Durchbruch scheint auch mit Leqembi noch nicht erreicht worden zu sein. Eine suboptimale Form der Verabreichung, Nebeneffekte und eine als zu moderat eingestufte Effizienz dämpfen die Euphorie. Dies schlägt sich auch auf die Entwicklungspipelines von Konkurrenten aus, die Dynamik scheint in dem Feld geringer zu sein als zurzeit im Bereich Adipositas. Trotzdem ist das medizinische Bedürfnis bei Alzheimer derart hoch, dass auch dieses therapeutische Feld weiterleben wird.
Die Entwicklung neuer medizinischer Lösungen ist meistens sehr lang, beschwerlich und unabwägbar. Nicht nur Patienten sind davon betroffen, auch werden involvierte Firmen dadurch vor grosse Herausforderungen gestellt. Investoren hingegen haben das Privileg, sich flexibler zu positionieren. Sie müssen nicht alles auf eine Karte setzen und können diversifizieren. Ausserdem können sie relativ schnell auf überraschende, neue Erkenntnisse reagieren. Wir messen dem Gesundheitssektor eine hohe Bedeutung zu und setzen Firmen dieses Bereichs als zentrale Bausteine in unsere Anlageportfolios ein. Die demographische Entwicklung und der Wunsch nach einem gesunden Leben wirken als strukturelle Nachfragetreiber für die Branche, die auch vom technologischen Wandel profitiert.
Lars Loleit
Vizedirektor
Ausblick: Eine Konsolidierungsphase wäre gesund für die Hausse
Nach dem guten Jahresstart sind die Chancen auf einen weiteren positiven Jahresverlauf intakt. Der Zinshöhepunkt scheint erreicht und bald sollten Senkungen folgen. Die US Wirtschaft ist erstaunlich robust und die Aussicht auf eine lockerere Geldpolitik sollte mittelfristig auch in Europa positive Wirkung entfalten. Viele Unternehmen sind entsprechend verhalten optimistisch, was das zweite Halbjahr 2024 angeht. Der langfristige Ausblick sieht daher im Moment gut aus. Das heisst aber nicht, dass die Kurse in den nächsten Monaten im gleichen Tempo weiter steigen. Konsolidierungsphasen und Korrekturen sind an den Aktienmärkten normal und auch 2024 wird solche Phasen erleben. Der Markt nimmt die Zinssenkungen bereits vorweg und eine Verbesserung der Konjunktursituation wird von vielen erwartet. Die aktuelle Konjunktur wird die Unternehmensresultate im 1H24 aber noch belasten. Durch die starke Performance der letzten Monate wurden die Märkte teurer, die Unterstützung der Hausse durch höhere Gewinne ist noch nicht auf breiter Front erfolgt. Eine Konsolidierungsphase wird damit wahrscheinlicher und wäre auch gesund für den weiteren Verlauf.
Der Ausblick für Anleihen bleibt weiterhin besser als in den vergangenen Jahren. Die Coupons sind höher und die Verzinsung im CHF Markt ist wieder ansprechend. Dank der möglicherweise sinkenden Zinsen dürfte auch mit Anleihen 2024 eine leicht positive Rendite erzielt werden können. Der Anfang ist mit dem Zinsentscheid der SNB am 21.03.2024 gemacht worden.