Viele Kunden äussern bei der Beratung zur Regelung ihres Nachlasses den Wunsch, jemanden zu begünstigen. In der Regel ist dies der Ehepartner oder eines der Kinder, zum Teil sind das aber auch nicht verwandte Personen wie ein Göttikind oder eine gute Bekannte. Und nicht zuletzt möchten viele Kunden auch einer ausgesuchten Organisation oder einer gemeinnützigen Stiftung etwas aus ihrem Nachlass zukommen lassen. Dabei zeigt sich immer wieder, dass es Unklarheiten gibt, ob und wie viel vom Vermögen man einer Person oder einer Institution überhaupt völlig frei vermachen kann.
Pflichtteile und freie Quote
Entscheidend für diese Überlegungen ist die Berechnung der Pflichtteile. Dabei handelt es sich um die gesetzlich vorgegebenen Mindestanteile, die bestimmten Personen zwingend aus dem Nachlass zugeteilt werden müssen. Es gibt drei Kategorien von Erben, die einen Pflichtteilsanspruch haben: Der Ehepartner, die Kinder sowie (allerdings nur, wenn keine Nachkommen vorhanden sind) die Eltern des Erblassers. Anderen Personen kann daher ausschliesslich das übrige Nachlassvermögen zugeteilt werden. Man spricht von der freien Quote. Wie gross diese Teile des Nachlasses sind, lässt sich am besten an einem Beispiel verdeutlichen: Der Verstorbene hinterlässt seinen Ehepartner und zwei Kinder. Hat der Verstorbene keine Vorkehrungen bezüglich seines Nachlasses getroffen - also weder ein Testament geschrieben noch einen Erbvertag abgeschlossen - so gilt das gesetzliche Erbrecht. Der überlebende Ehepartner erhält in diesem Fall die eine Hälfte, die beiden Kinder (zu gleichen Teilen) die andere Hälfte des Nachlasses. Der Pflichtteil des Ehegatten beträgt ein Viertel des Nachlasses, derjenige der Kinder drei Achtel des Nachlasses. Die Pflichteile des Ehegatten und der Kinder zusammen ergeben fünf Achtel. Die freie Quote beträgt drei Achtel des Nachlasses. Der Erblasser hat somit die Möglichkeit, zum Beispiel den Ehepartner oder eines der beiden Kinder entsprechend zu berücksichtigen.
Vermächtnisse
Wie oben erwähnt kann jedoch auch eine dritte Person berücksichtigt werden (z.B. eine gemeinnützige Stiftung oder ein Göttikind). In solchen Fällen wird häufig ein so genanntes Vermächtnis („Legat“) ausgesetzt: „Mein Göttibueb Nicolas soll 200 Nestlé Aktien erhalten.“
Begünstigung des Ehepartners
Viele Ehepaare äussern den Wunsch, sich gegenseitig zu begünstigen. Man möchte verhindern, dass nach dem Tod des einen Ehepartners der Überlebende finanziell schlecht dasteht. In Härtefällen kann eine Teilung des Nachlasses nach den vom Gesetz vorgegebenen Quoten dazu führen, dass der überlebende Ehepartner aus dem gemeinsamen Haus ausziehen muss, weil nur durch dessen Verkauf die Erbansprüche der Kinder erfüllt werden können. In dieser Konstellation kann es eine Lösung sein, dass die Ehegatten die Kinder auf den Pflichteil setzen und die freie Quote dem Ehepartner zuweisen. Zur Begünstigung des Ehepartners gibt es neben der Zuweisung der freien Quote weitere Möglichkeiten. Ein wichtiger Ansatzpunkt findet sich häufig im Eherecht. Mit einem Ehevertrag kann der Umfang des Nachlasses - und folglich auch die Ansprüche der anderen Erben - stark beeinflusst werden.
Enterbung und Anfechtbarkeit
Eine immer wieder gestellte Frage betrifft die Enterbung. Die Pflichtteile sind zwar vom Gesetz vorgegeben, doch kann eine Nachlassregelung diese natürlich verletzen. Es ist möglich, jemanden zu enterben. Sofern die Enterbung zulässig ist (was in der Praxis kaum je vorkommt, da das Gesetz die Enterbung nur in absoluten Ausnahmefällen zulässt), müssen auch die Pflichtteile nicht berücksichtigt werden. Zum Anderen ist eine Nachlassregelung, welche die Pflichtteile verletzt, nicht automatisch ungültig, sondern lediglich anfechtbar. Sind die Erben mit der Regelung nicht einverstanden, so müssen sie ihre Ansprüche mit einer Klage geltend machen.
Fazit
Wenn pflichtteilsgeschützte Erben vorhanden sind, kann nur über einen Teil des Nachlasses frei verfügt werden – die freie Quote. Soll beispielsweise der Ehepartner begünstigt werden, gilt es alle ehe- und erbrechtlichen Möglichkeiten zu prüfen. In vielen Fällen ist der wichtigste Ansatzpunkt zur Steuerung des Nachlasses im Eherecht zu suchen.
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