Per 1. Januar 2013 ist im Schweizerischen Zivilgesetzbuch das neue Erwachsenenschutzrecht in Kraft getreten. Dieses ersetzt das bisher geltende Vormundschaftsrecht.
Das neue Erwachsenenschutzrecht fördet das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen. Durch den medizinischen Fortschritt ist unsere Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten gestiegen. Das hat dazu geführt, dass mehr Personen vor ihrem Ableben während längerer Zeit urteilsunfähig werden (beispielsweise aufgrund einer Demenzerkrankung oder eines Unfalls). Deshalb besteht das Bedürfnis, Vorkehrungen für den Fall des Verlustes der eigenen Urteilsfähigkeit zu treffen. Es wurden dabei zwei neue Rechtsinstitute geschaffen: der Vorsorgeauftrag und die Patientenverfügung.
Die eigene Vorsorge: Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung
Mit dem Vorsorgeauftrag kann eine handlungsfähige Person für den Fall der eigenen Urteilsunfähigkeit eine natürliche oder juristische Person damit beauftragen, die Personen- oder Vermögenssorge zu über nehmen oder sie im Rechtsverkehr zu vertreten. Wir empfehlen eine möglichst genaue Umschreibung der zu übernehmenden Aufgaben. Ein Vorsorgeauftrag muss entweder eigenhändig errichtet (vollständig von Hand geschrieben, datiert und unterzeichnet) oder öffentlich beurkundet werden. Auf Wunsch kann die Tatsache, dass ein Vorsorgeauftrag besteht sowie der Hinterlegungsort beim Zivilstandsamt registriert werden. Ein Vorsorgeauftrag kann jederzeit widerrufen werden, solange die auftraggebende Person urteilsfähig ist. Gesetzlich verankert ist neu auch die Patientenverfügung. Mit ihrer Hilfe kann eine urteilsfähige Person bestimmen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder welche sie ablehnt. Diese Befugnis haben auch urteilsfähige Minderjährige. Es besteht zudem die Möglichkeit, eine natürliche Person zu bestimmen, stellvertretend über die vorzunehmenden medizinischen Massnahmen entscheiden soll. Eine solche Patientenverfügung ist gültig, wenn sie schriftlich vorliegt, datiert ist und eigenhändig unterzeichnet wurde.
Die gesetzlichen Massnahmen
Die gesetzlichen Massnahmen kommen nur zum Tragen, wenn kein Vorsorgeauftrag besteht. Von Gesetzes wegen kommt dem Ehegatten resp. dem eingetragenen Partner ein Vertretungsrecht für die Alltagsangelegenheiten und für sogenannte ordentliche Verwaltungshandlungen zu. Vorausgesetzt wird, dass der Ehegatte resp. der eingetragene Partner mit der urteilsunfähigen Person im gemeinsamen Haushalt wohnt. Einzig für medizinische Belange (nicht aber für Alltagsangelegenheiten) betraut das Gesetz weitere Personen mit der Vertretung und sieht dafür eine präzise Reihenfolge vor. Fehlt beispielsweise ein Ehegatte oder ein eingetragener Partner, kommt die Person zum Zug, die mit dem Urteilsunfähigen im gleichen Haushalt wohnt und ihm oder ihr regelmässig persönlichen Beistand leistet.
Als zusätzliche, gesetzliche Massnahme finden urteilsunfähige Personen, die für längere Zeit in einem Pflege- oder Wohnheim stationiert sind, besseren Schutz: eine vertretungsbefugte Person schliesst mit dem Heim einen Betreuungsvertrag ab, welcher Transparenz schafft.
Die behördlichen Massnahmen
Wenn kein Vorsorgeauftrag vorliegt, die Unterstützung durch die Familie oder Nahestehende und die gesetzlichen Massnahmen nicht ausreichen, greifen behördliche Massnahmen. Dabei wurden die bis Ende 2012 geltenden behördlichen Massnahmen (Vormundschaft, Beiratschaft und Beistandschaft) durch eine flexible Beistandschaft ersetzt. Diese ermöglicht für die betroffenen Personen massgeschneiderte Lösungen. Eine Beistandschaft darf nur errichtet werden, wenn ein entsprechender Schwächezustand vorliegt.
Wir empfehlen Ihnen, das Verfassen eines Vorsorgeauftrags zu prüfen und eine Patientenverfügung zu verfassen, um Rechtssicherheit zu schaffen. So stellen Sie sicher, dass nach Ihren Bedürfnissen vorgegangen wird und Sie vermeiden gesetzliche bzw. behördliche Massnahmen.