Der Lockdown-bedingte Vollstopp der Wirtschaft in Europa und in den USA hat in kürzester Zeit zu einer globalen Rezession geführt. Diese stellt viele Länder und Unternehmen vor enorme finanzielle und gesellschaftliche Herausforderungen. Trotzdem konnte an den Aktienmärkten in den letzten Wochen eine auf den ersten Blick paradoxe Entwicklung beobachtet werden: Der April 2020 war im historischen Vergleich einer der besten Börsenmonate aller Zeiten - gleichzeitig aber auch einer der schlechtesten Konjunkturmonate überhaupt. Dazu zwei Beispiele: In Europa wurden in vielen Ländern zwischen 80-95% weniger Autos verkauft als im Vorjahr und in den USA verloren über 20 Millionen Menschen ihre Arbeitsplätze.
Der globale Ausbruch der Pandemie hat im März zu einem „Reset“ der Erwartungen und damit zu einem Börsencrash geführt. Dass sowohl viele Unternehmen als auch die Konjunktur im Allgemeinen wegen des globalen Lockdowns stark leiden, überrascht die Börse deshalb aktuell nicht mehr. Vielmehr sorgen die weltweiten Bestrebungen der Lockerung für ein Licht am Ende des Tunnels und die Börse beginnt eine sukzessive Wirtschaftserholung in den Preisen zu reflektieren. Dazu kommen die gigantischen Hilfsprogramme der Regierungen und Notenbanken, deren Reaktion deutlich stärker und schneller ausfällt als in der Finanzkrise 08/09. Der Aktienmarkt spiegelt in den Preisen jeweils die Konsensmeinung über die zukünftige Entwicklung. Je höher die Unsicherheit und Zahl möglicher Szenarien, desto grösser ist die Schwankungsanfälligkeit des Marktes. Die Pandemie stellt den Markt daher vor eine grosse Herausforderung. Die Erfahrungswerte im Umgang mit einer solchen Situation sind niedrig und die weitere Entwicklung wird hauptsächlich durch das Virus und die politische Reaktion bestimmt. Viele Fragen sind schwierig bis unmöglich zu beantworten. Wie entwickeln sich die Fallzahlen? Gibt es bald eine medizinische Lösung oder kommt eine zweite Welle vor der Impfung? Wie wird die Politik mit einer möglichen zweiten Welle umgehen? Neue Lockdown-Massnahmen und Konjunkturkatastrophen oder wird der «Schweden-Weg» der neue Standard? Wird es zu nachhaltigen Verhaltensänderungen kommen? Falls ja, beeinflussen diese Wirtschaft und Börse wesentlich? Die Scobag bleibt angesichts der vielen Unsicherheiten weiterhin vorsichtig eingestellt und rechnet nur mit einer langsamen Wirtschaftserholung, welche sich bis ins 2021 hineinziehen kann. Eine V-artige Konjunkturerholung, welche die Börse rasch weiter antreiben würde, scheint unrealistisch. Viele Bereiche der Wirtschaft werden auch mit den Lockerungsmassnahmen (noch) nicht im normalen Modus operieren können. Zudem ist zu erwarten, dass sich auch die Konsumenten und Unternehmen vorläufig (teilweise zwangsweise) eher zurückhaltend verhalten werden. Insbesondere der Tourismus und der internationale Reiseverkehr werden noch längere Zeit unter der Pandemie leiden. Die Gefahr, dass die Lockerungen zu erneut steigenden Fallzahlen führen könnten, darf auch nicht ausser Acht gelassen werden. Wir sind aber überzeugt, dass die Anlageklasse Aktie auch in Zukunft attraktive Anlagemöglichkeiten bietet. Wichtig dabei ist, in Firmen zu investieren, die gestärkt aus der Krise kommen werden und möglicherweise von Problemen der schwächeren Konkurrenz profitieren können. Eine hohe Qualität bildet aktuell die Grundvoraussetzung jedes Investment Cases. Von vermeintlich günstigen Aktien, die stark unter der Krise leiden, raten wir ab. Der Titelselektion kommt deshalb in der aktuellen Marktsituation eine sehr grosse Bedeutung zu. Wer bereits mit einem Portfolio investiert ist, sollte seine Positionierung deshalb unbedingt überprüfen lassen. Je nach Positionierung unterscheiden sich die im Portfolio enthaltenen Risiken (und Chancen) grundlegend. Da viele Anleger bei ihren Entscheidungen nicht nur rationale, sondern auch emotionale Kriterien einfliessen lassen, empfehlen wir, das Portfolio von einem (produkte-)unabhängigen Berater analysieren zu lassen.