In den Sommermonaten wiesen die Aktienmärkte eine höhere Schwankungsbreite auf als im ersten Halbjahr, insbesondere im August, als ein Einbruch am japanischen Aktienmarkt weltweite Korrekturen auslöste. Diese Verluste wurden jedoch schnell wieder ausgeglichen. Auffällig ist der Wechsel der Anlegergunst von Technologieaktien hin zu defensiveren Werten wie Roche und Novartis. Ende September sorgen zudem verschiedene Konjunkturmassnahmen für eine Erholung der chinesischen Aktienmärkte. Unter dem Strich resultierten über die vergangenen drei Monate leicht positive Renditen für die meisten Indices und Regionen. 2024 ist ein politisch geprägtes Jahr mit zahlreichen Wahlen, gerade auch in den USA, wo der Präsidentschaftswahlkampf zwischen Kamala Harris und Donald Trump die Märkte beeinflusst. Traditionell neigen die Märkte vor Wahlen zu Schwankungen, erholen sich jedoch nach der Wahl, unabhängig vom Ergebnis.
Für Investoren bleibt es entscheidend, langfristige Ziele im Blick zu behalten. Politische Ereignisse haben meist nur kurzfristige Auswirkungen, während die Konjunktur und Zinspolitik die mittelfristige Entwicklung bestimmen. Die unsichere Konjunkturentwicklung, insbesondere in den USA, hat viele Unternehmen veranlasst, ihre Prognosen zu senken. Deshalb hat sich nun auch die US-Notenbank zu einer Zinssenkung entschlossen und in den kommenden Quartalen werden weitere folgen. Die Notenbanken möchten damit die Abkühlungstendenz bremsen. Defensive Sektoren profitieren derzeit von der Unsicherheit. Falls sich die Konjunktur stabilisiert, werden zyklische Aktien wieder an Bedeutung gewinnen.
Jahresperformance per 30.09.2024
Rainer Pauletto
Vizedirektor
Rückblick: Erhöhte Volatilität in den Sommermonaten
Die letzten drei Monate waren von höherer Volatilität geprägt als das erste Halbjahr, auch wenn sich das Schwankungsniveau im längerfristigen Vergleich über das gesamte Quartal hinweg nicht auf einem sehr hohen Niveau befand. Eine Ausnahme bildeten die ersten beiden Wochen im August. Innerhalb weniger Tage explodierte die Volatilität, und der kurzzeitige Einbruch am japanischen Aktienmarkt löste eine weltweite, heftige Korrektur aus. In wenigen Tagen fielen die weltweiten Börsen um mehr als 5 % in CHF. Die Kursverluste wurden jedoch ebenso schnell wieder aufgeholt, und bis Ende September verlief der Börsenalltag wieder ruhiger. Auffällig ist jedoch die veränderte Börsencharakteristik innerhalb der Indizes, insbesondere in den einzelnen Sektoren. Neu konnten die defensiven Werten mit ihren Qualitäten punkten. Die grossen
Die grossen Technologieaktien dominierten nicht mehr so stark wie zuvor. Grafik 1 zeigt den Verlauf der letzten Monate von ausgewählten Beispielaktien. Die Euphorie im Bereich künstliche Intelligenz scheint sich abzukühlen, und die Investoren suchen wieder vermehrt nach Aktien, die bewährte Qualität mit attraktiver Bewertung kombinieren (eine Ausnahme stellt Nestlé dar, da das Unternehmen weiterhin unter schwacher Wachstumsdynamik leidet). Für die gesamte Börse resultierte das in einer volatilen Seitwärtsbewegung über das Sommerquartal, bis Ende September.
Die gedämpfte Kursentwicklung der Aktienmärkte und die erhöhten Schwankungen spiegeln die unsichere Konjunkturentwicklung wider. In den letzten Monaten wurde deutlich, dass sich auch die US-Wirtschaft abkühlt. Viele Unternehmen äußern sich vorsichtig über die nahe Zukunft, und einige mussten ihre Gewinnprognosen senken. Dies hat nun auch die US-Notenbank zu einer Reaktion veranlasst. Am 18.09. kündigte die FED eine Zinssenkung um 50 Basispunkte an, nachdem bereits die SNB, die EZB und die BoE die Zinsen gesenkt hatten. Die SNB legte am 26.09. noch einmal nach. Der Trend ist somit klar: Die Zinswende hat begonnen. In den nächsten Quartalen dürften weitere Senkungen folgen, die 2025 hoffentlich eine positive Konjunkturentwicklung ermöglichen und damit die Kursentwicklung der Aktienmärkte unterstützen.
Tobias Brütsch
Leiter Portfolio Management
Politische Börsen haben kurze Beine… oder nicht?
Schon früher haben politische Konflikte bei Aktienanlegern Zweifel geweckt, ob es in einem politisch instabilen Umfeld überhaupt sinnvoll ist, Aktien zu halten oder noch weitere zu kaufen. Die Geschichte zeigt, dass diese Zweifel oft unbegründet waren und dass es besser ist, im Aktienmarkt investiert zu bleiben oder gar dazuzukaufen. Eine alte Börsenweisheit besagt: „Politische Börsen haben kurze Beine.“ Das bedeutet, dass politische Ereignisse meist nur zu kurzfristiger Volatilität führen und keine langfristigen Auswirkungen auf die Aktienkurse haben.
Die Vergangenheit scheint diese Weisheit zu bestätigen. Trotz ständiger politischer Herausforderungen - viele grosse und kleine Kriege, Schuldenkrisen, Energiekrisen oder Naturkatastrophen - haben die globalen Aktienmärkte in den letzten 100 Jahren attraktive Renditen erwirtschaftet. Seit dem 01.01.1928 beträgt die durchschnittliche jährliche Rendite des US-amerikanischen S&P 500 Index (mit der längsten Historie) 9,7 %, obwohl die letzten 96 Jahre von vielen großen und kleinen geopolitischen Katastrophen geprägt waren. Die daraus resultierenden Börsenkorrekturen und Abstürze waren teilweise heftig, doch langfristig überwog die positive Entwicklung der Weltwirtschaft.
Diese ermöglichte es Unternehmen, dank stetiger Innovation und steigendem Konsum ihre Gewinne kontinuierlich zu steigern. Dennoch hatte die Politik auch in den letzten 100 Jahren einen signifikanten Einfluss auf die Entwicklung. Sie setzt die Rahmenbedingungen, wie Handelsabkommen, Rechtssicherheit, Steuern und andere Faktoren, die den Unternehmen das Leben entweder erleichtern oder erschweren.
Vergleicht man regionale Entwicklungen, zeigt sich, dass wirtschaftsfreundliche Länder wie die USA höhere Renditen erzielen als Länder mit instabilen Rahmenbedingungen, hohen Steuern oder dauerhaften Schuldenproblemen. Die Politik kann also nicht vollständig ignoriert werden. Investoren sollten sich immer fragen, ob ein politisches Ereignis langfristig positive oder negative Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen haben wird oder ob keine wesentlichen Effekte zu erwarten sind.
2024 ist ein Jahr, in dem rund die Hälfte der Weltbevölkerung zu Wahlen aufgerufen ist. Es fanden bereits die Europawahl, die Neuwahlen in Frankreich (die den französischen Aktienindex belasteten) sowie Wahlen in Deutschland, Indien, Indonesien und Pakistan statt. Doch all diese Wahlen werden von der kommenden Wahl des 60. US-Präsidenten am 4. November überschattet. Der Kampf zwischen Joe Biden, Kamala Harris und Donald Trump beeinflusst die Aktienmärkte bereits seit Monaten. Es ist zu erwarten, dass die Volatilität auch in den kommenden Wochen hoch bleibt. In der Vergangenheit tendierten die Aktienkurse vor der US-Wahl oft zur Schwäche, da die Unsicherheit die Investitionsfreude dämpfte. Nach der Wahl setzte jedoch häufig eine Kursrallye ein, unabhängig vom Wahlausgang. Der Aktienmarkt konnte in der Vergangenheit sowohl mit einem demokratischen als auch mit einem republikanischen Präsidenten gut leben. Entscheidend für die Aktienmärkte bleiben die durch die Politik gesetzten Rahmenbedingungen. Nur wenn sich diese signifikant ändern, dürften sich auch die Renditen merklich verändern. Am besten schnitten die Aktienmärkte in der Vergangenheit ab, wenn Republikaner und Demokraten sich die beiden Häuser des Kongresses teilten und zu extreme politische Änderungen gegenseitig blockiert wurden. Ein komplett demokratisch kontrollierter Kongress hatte tendenziell eine etwas negativere Wirkung im Vergleich zu einem republikanischen.
Wie sollte sich ein Investor also verhalten? Kurzfristig sind größere Schwankungen durch politische Einflüsse denkbar, die verschiedene Sektoren unterschiedlich beeinflussen. Ein Wahlsieg von Donald Trump könnte beispielsweise Ölaktien beflügeln, während Kamala Harris eher einen positiven Einfluss auf erneuerbare Energien hätte. Entscheidend bleiben jedoch die langfristigen persönlichen Ziele jedes Investors und die Konsistenz der eigenen Strategie. Die Geschichte zeigt, dass die Börsen mit geopolitischen Risiken umgehen können und langfristig positive Renditen erwirtschaften, solange die Rahmenbedingungen Gewinnsteigerungen und Wirtschaftswachstum ermöglichte. Drohende kurzfristige Volatilität sollte jedoch bei geplanten Ausgaben berücksichtigt werden. Durch vorausschauende Planung des Kapitalbedarfs kann verhindert werden, dass Aktien im ungünstigsten Moment verkauft werden müssen und dadurch die langfristige Performance negativ beeinflusst wird.
Nicolas Müller
Stv. Leiter Kundenberatung
Ausblick: Noch sind defensive Sektoren gefragt
Der kurzfristige Ausblick wird weiterhin von den US-Wahlen dominiert. Je nach Aussagen der Kandidaten und dem Wahlergebnis ist mit volatilen Aktienmärkten zu rechnen. Für die mittel- und langfristige Entwicklung sind jedoch der konjunkturelle Verlauf und die Zinsentwicklung entscheidender. Die Notenbanken haben die Zinssenkungsphase eingeleitet und hoffen, dass sich die wirtschaftliche Abkühlung in Grenzen hält. Das Augenmerk bleibt auf die US-Wirtschaft gerichtet. Sollte es den USA gelingen, eine Rezession zu vermeiden und das sogenannte „Soft Landing“ oder sogar „No Landing“ Szenario eintreten, stehen die Chancen auf weitere Kursgewinne gut. Seit 1980 haben die US-Aktienmärkte innerhalb von 12 Monaten nach der ersten Zinssenkung im Durchschnitt mehr als 10 % gewonnen, solange eine Rezession ausblieb. In Europa bleibt die Konjunktur schwach, doch auch hier könnte dank der Zinssenkung der EZB Hoffnung auf eine Erholung aufkommen. Angespannt bleibt die Lage in China, wo die Makroindikatoren schon lange enttäuschen, obwohl Ende September erste Stimulierungsmassnahmen durch die Notenbank und die Regierung angekündigt wurden.
Investoren blicken in der Regel jedoch mehrere Monate in die Zukunft. Sobald sich erste positive Konjunktursignale zeigen, reagieren die Märkte schnell, und eine Outperformance zyklischer Bereiche wäre die Folge. Bis sich diese Verbesserung abzeichnet, ist jedoch weiterhin mit einer leicht erhöhten Volatilität zu rechnen, was vorerst defensive Segmente begünstigen dürfte.