Die Jahreszahl mag sich ändern, doch die zentralen Themen bleiben weitgehend unverändert. Das konjunkturelle Umfeld präsentiert sich weiterhin uneinheitlich: Während die USA ein dynamisches Wachstum verzeichnen, hinkt Europa hinterher. China weist zwar offiziell die höchsten Wachstumsraten auf, doch im Vergleich zur jüngeren Vergangenheit des Landes wirken diese eher bescheiden.
Ein Blick auf die Grafik 2 verdeutlicht die Entwicklung verschiedener Wachstumsprognosen für das Jahr 2025 im Zeitverlauf. Das Bild ist eindeutig: Für Europa liegen die Erwartungen bei lediglich 1,1 %, während für die Schweiz mit einem Wachstum von 1,5 % gerechnet wird. Die USA hingegen sollen um 2,1 % zulegen. Dabei fällt auf, dass die Prognosen für die USA nach der Wahl nach oben korrigiert wurden, während die Schätzungen für Europa gleichzeitig zurückgingen.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Die Deregulierungs- und wirtschaftsfreundlichen Massnahmen der Republikaner unter Donald Trump schaffen Vorteile für die USA, während die Einführung von Zöllen auf Waren aus China und Europa diese Volkswirtschaften belastet. Dieser Trend ist nicht neu: Die USA entwickelt sich seit Jahren dynamischer als Europa. Dies spiegelt sich nicht nur in der Wachstumsrate des Bruttoinlandproduktes (BIP) wider, sondern auch in anderen Indikatoren wie der Produktivität.
Zudem dürften die Zinssenkungen aus dem Jahr 2024 mit einer zeitlichen Verzögerung stimulierend wirken und somit der Konjunktur im Jahr 2025 Rückenwind verleihen. Zwar könnten die durch Zölle ausgelösten Effekte der US-Politik leicht inflationär wirken, doch ein starker Inflationsanstieg ist aktuell nicht absehbar.
Das Fazit zur Konjunktur bleibt damit unverändert: Wie schon im Jahr 2024 präsentiert sich das Umfeld weiterhin aktienfreundlich, insbesondere in den USA. Was heisst das nun für die Aktienmärkte?
USA
Die US-Märkte starten aus einer starken Ausgangsposition. Solides Wirtschaftswachstum im Heimmarkt, gepaart mit einer wirtschaftsfreundlichen Politik, spricht für positive Kursentwicklungen. Zwar ist viel von den negativen Effekten der Zölle die Rede, jedoch dürften auch Deregulierungen umgesetzt werden, die den Heimmarkt positiv beeinflussen. Spezifische Branchen erhoffen sich individuelle Impulse, beispielsweise die Öl- und Gasindustrie. Es gibt aber auch Faktoren, die den Ausblick für die Aktien eintrüben. Die US-Märkte werden stark von wenigen grossen Technologiefirmen getragen. Sollten diese enttäuschen, könnten Bewertungsanpassungen die Folge sein.
Die aktuelle Bewertung des S&P 500 ist hoch: Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 23x liegt sie deutlich über dem historischen Durchschnitt. Das setzt ein robustes Gewinnwachstum voraus, wie es derzeit auf Indexebene mit knapp 13 % erwartet wird. Ohne ein solches Wachstum könnten Gewinnmitnahmen und Verleiderverkäufe die Kursentwicklung belasten. Dass die US Märkte anfällig für eine Korrektur sein könnten, zeigte auch die starke Reaktion auf die letzte Zinsentscheidung der US Notenbank kurz vor Weihnachten.
Europa
Die Ausgangslage für die Schweizer Aktienindizes ist sehr unterschiedlich. Der SMI wird weiterhin von Nestlé, Novartis und Roche dominiert, die zusammen rund 45 % des Index ausmachen. Dadurch ist der SMI stark von idiosynkratrischen Risiken geprägt. Die beiden Pharmaunternehmen sind wesentlich von der Entwicklung neuer Medikamente und den entsprechenden Studienergebnissen abhängig, während Nestlé mit eigenen Herausforderungen kämpft und beweisen muss, dass eine Rückkehr zu früherer Stärke möglich ist.
Anders gestaltet sich die Situation bei den breiter diversifizierten Indizes SLI und SMIM. Für den SLI wird aktuell ein Gewinnwachstum von rund 14 % erwartet. Angesichts einer P/E Bewertung von rund 17x bietet dies gute Chancen für eine solide Performance. Viele Unternehmen im SLI zeichnen sich durch hohe Qualität aus und profitieren von langfristigen Wachstumstrends wie Infrastrukturausbau, Urbanisierung und der Alterung der Gesellschaft. Diese Trends schaffen Potenzial für steigende Gewinne und Bewertungsgewinne, insbesondere wenn die Zinsen weiter sinken.
Die Aussichten für Europa sind getrübt. Neben geopolitischen Risiken und den negativen Auswirkungen der US-Zollstrategie leidet Europa auch unter einer innenpolitischen Lähmung, die Reformen erschwert. Die ohnehin angespannten Haushaltsbudgets werden durch die notwendigen Investitionen in Verteidigung und Rüstung zusätzlich belastet, sodass grosse Konjunkturprogramme unwahrscheinlich erscheinen. Einzig die Europäische Zentralbank könnte durch Zinssenkungen stimulierend wirken. Dennoch wird auch für europäische Unternehmen im Jahr 2025 ein ansprechendes Gewinnwachstum erwartet. Dies liegt vor allem daran, dass viele europäische Unternehmen einen beträchtlichen Teil ihrer Umsätze ausserhalb des schwachen Heimmarkts erzielen, insbesondere in den USA (das gilt auch für die Schweizer Unternehmen).
Gerade diese internationale Ausrichtung bietet Chancen für Anleger: Europäische Aktien sind deutlich günstiger bewertet als ihre US-Pendants, ermöglichen jedoch ebenfalls eine Beteiligung an der positiven Entwicklung der US-Wirtschaft und einer möglichen Erholungen in China. Es werden auch nicht alle Firmen gleich stark von den Zöllen betroffen sein. Die Situation unterscheidet sich von Branche zu Branche stark. Es gibt viele Firmen, die bereits heute mehrheitlich «local for local» produzieren, während andere noch immer hohe Güterströme von Asien oder Mexiko in die USA auslösen. Ein differenzierter Blick ist hier bei Investitionen nötig.
Asien
In China bleibt die Lage angespannt. Neben den hausgemachten Problemen, wie dem kriselnden Immobilienmarkt, belastet der drohende Handelskonflikt mit den USA die wirtschaftlichen Aussichten. Die chinesische Regierung hat reagiert und versucht, das Wachstum durch verschiedene Massnahmen zu beschleunigen. Sollten diese erfolgreich sein, könnten auch zahlreiche Aktien aus der Schweiz und Europa davon profitieren. Besser sieht die Lage in anderen Staaten in Südostasien aus. Staaten wie Vietnam, Indien oder Malaysia profitieren von Verschiebungen in den Lieferketten, da viele Firmen unabhängiger von China werden wollen. Entsprechend dynamisch entwickeln sich die Volkswirtschaften in diesen Regionen.
Was könnten die Faktoren sein, die den Ausblick signifikant verändern würden? Allen voran die weitere Entwicklung im Ukrainekrieg, die sowohl positive als auch negative Szenarien zulässt. Dann sind aber auch die Politik in Deutschland und Frankreich zu nennen und mögliche grössere Konjunkturprogramme in China. Und schliesslich darf die Inflationsentwicklung nicht überraschend stark in die eine oder andere Richtung abdriften, damit die Notenbanken keine überraschenden Kurswechsel vornehmen müssen. Ein wichtiger Treiber dafür sind die Energiepreise, die je nach Entwicklung im Nahen Osten und in der Ukraine in die eine oder andere Richtung gehen können.
Sicher ist, dass es auch im 2025 ein Auf- und Ab geben wird und zwischenzeitliche Korrekturen die Anlegernerven strapazieren werden. Dabei sollten die Erwartungen realistisch bleiben. Kursgewinne von 10% und mehr sind nicht in jedem Jahr zu erwarten. Der aktuelle Ausblick lässt aber insgesamt auf Kursverläufe im 2025 hoffen.